Gas- und Strompreisbremse: „Viele steigen da nicht durch“
02.12.2022
Herr Borgiel, die deutschen Gasspeicher sind voll und die Bundesregierung hat Gas- und Strompreisbremsen auf den Weg gebracht. Also alles wieder gut?
Das wäre schön, aber ganz so einfach ist es leider nicht. Die gute Nachricht ist, dass wir wohl nicht in eine Gasmangellage laufen werden, wenn Unternehmen und Haushalte weiter soviel sparen wie zuletzt und wir einen halbwegs milden Winter bekommen. Auch beim Strom stehen die Chancen gut, dass es nicht zu Abschaltungen kommen wird.
Aber?
Wir sind natürlich von einer Normalisierung der Lage noch weit entfernt. Klar, der Börsenpreis für Gas lag in der Spitze schon bei mehr als 30 Cent. Aber auch wenn er sich mittlerweile mehr als halbiert hat, ist das noch ein Vielfaches vom „alten Normal“. Und anders als dieses Jahr wird 2023 aller Voraussicht nach kein einziger Kubikmeter Gas mehr aus Russland kommen. Ob es unter diesen Umständen gelingen wird, die Gasspeicher übers Jahr wieder zu füllen, ist fraglich.
Stadtwerke-Vertriebschef Markus Borgiel
Immerhin ist jetzt klar, dass die Energiepreise im kommenden Jahr gesetzlich abgefedert werden.
Ja, und das ist natürlich auch gut so. Allerdings stelle ich in meinen Gesprächen mit Geschäftskunden fest, dass vielen gar nicht klar ist, wie die Regelungen genau aussehen und ob die selbst anspruchsberechtigt sind. Viele steigen durch das komplizierte Regelwerk einfach nicht durch.
Was ist denn an dem Gesetz unklar?
Ein Beispiel: Bei den Unternehmen unterscheidet das Gesetz ja grundsätzlich zwei Gruppen. Einerseits kleine und mittlere Unternehmen mit einem Gasverbrauch unter 1,5 Millionen Kilowattstunden im Jahr. Für sie soll der Gasbruttopreis, also inklusive Abgaben, Umlagen und Steuern bis April 2024 bei 12 Cent pro kWh gedeckelt werden. Andererseits ist von der Industrie mit Verbräuchen über 1,5 Millionen kWh die Rede, für die der Gasnettopreis auf 7 Cent zuzüglich Abgaben, Umlagen und Steuern begrenzt werden soll. Vor ein paar Tagen sagte mir nun der Chef eines großen Handelsunternehmens, dass die 7 Cent für ihn nicht gelten, man sei ja kein Industrieunternehmen. Da musste ich ihn korrigieren: Entscheidend ist die Höhe des Verbrauchs, und die liegt in seinem Fall über der 1,5-Millionen-Marke. Also: 7 Cent netto, nicht 12 Cent brutto – ein gewaltiger Unterschied.
Klingt so, als stecke der Teufel im Detail.
Richtig, und das führt dazu, dass viele unserer Kunden nicht wissen, was nun in ihrem Fall eigentlich gilt. Gleiches beim Strom: Für kleine und mittlere Unternehmen soll der Preis für den Basisbedarf von 80 Prozent bei brutto 40 Cent gedeckelt werden, für Großverbraucher liegt der Preis bei netto 13 Cent für 70 Prozent des historischen Verbrauchs. Für wen gilt nun was? Wie berechnet sich der historische Verbrauch? Als Partner der Wirtschaft in unserer Region sehen wir uns in der Pflicht, allen anspruchsberechtigten Kunden Fragen wie diese bestmöglich zu beantworten.
Auch mit der Strompreisbremse sind die Energiepreise leider nach wie vor deutlich höher als noch vor zwei Jahren.
Deshalb ist die Preisbremse auch nur ein Teil der Lösung. Ein wichtiger, keine Frage, aber die Unternehmen sind nach wie vor gefragt, selbst aktiv zu werden, Verbräuche zu verringern und auf alternative Energieformen umzustellen. Auch dabei unterstützen wir unsere Kunden mit Rat und Tat: Verbräuche analysieren, Reduktionen umsetzen, alternative Beschaffungsmodelle prüfen – wir stellen unser Know-how gerne zur Verfügung (mehr Infos dazu hier). Denn auch wenn wir davon ausgehen, dass die Energiepreise mittelfristig weiter sinken dürften – auf das Vorkriegsniveau werden sie aller Voraussicht nach nicht wieder zurückgehen. Deshalb bleibt eine der vordringlichsten Aufgaben, die Transformation der Energieversorgung und -nutzung weiter voranzutreiben. Wir bei den Stadtwerken Witten werden unseren Beitrag dazu leisten und unseren Kunden dabei helfen, dies ebenfalls zu tun.
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